Der
Militär-Verdienstorden des Königreichs Bayern
Zur Zeit König Ludwig II. von Bayern (1845-1864-1886)
Eine Abhandlung aus:
Michael Fuchs
"König Ludwig II. von Bayern und seine Orden"
(noch nicht veröffentlicht)
Artikel
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Im Königreich Bayern gab es - im Gegensatz zu anderen Staaten
- eine überschaubare Anzahl von zehn verschiedenen Orden, unbeachtet
der Damen- und Stiftsorden. Grundsätzlich unterschied man zwischen
den Hausorden und den Verdienstorden.
Hausorden.
Die Stiftungen der beiden bayerischen Hausorden lassen sich weit
zurückverfolgen: Der Orden des Heiligen Hubertus wurde 1444
gestiftet, der Orden des Heiligen Georg im Jahre 1729. Ihre Mitglieder
wurden vor allem nach Stand und Herkunft ausgewählt.
Verdienstorden.
Die Verdienstorden dagegen waren Auszeichnungen für besondere
Verdienste.
Die Verleihung solcher Orden war erst durch eine Neuorientierung
im Ordenswesen unter Ludwig XIV. (1638-1715) mit der Gründung
des Ludwigsordens möglich. Damit gab es erstmals eine Anerkennung,
die wesentlich vom Verdienst abhing.
Weitere
Orden dieser Art wurden im 18. Jahrhundert gestiftet, die die Verdienste
in untergeordneter Stellung dienenden Soldaten und Zivilpersonen
anerkennen sollten.
Anfang des 19. Jahrhunderts kamen zu den Hausorden auch in Bayern
mehrere Auszeichnungen hinzu, die für Verdienste auf verschiedensten
Gebieten verliehen wurden, um die Bürger zu aktiver Teilnahme
am öffentlichen Leben anzuspornen und deren Eigeninitiative
zu fördern.
Das so genannte Große Majestätswappen des Königreichs
Bayern (Abb. 1) zeigt unter dem eigentlichen Wappen die wichtigsten
Orden auf Hermelin:
1. Kette des Haus-Ritter-Ordens vom Heiligen Hubertus
2. Kette des Militärischen Haus-Ritter-Ordens vom Heiligen
Georg
3. Kette des Militärischen Max-Joseph-Ordens
4. Kollane des Verdienstordens der bayerischen Krone
König Ludwig II. von Bayern als Stifter.
König
Ludwig II. von Bayern (1845-1864-1886) war ein überaus friedliebender
Mensch, der sogar die - bei Hofe - so sehr beliebte Jagd ablehnte.So
erscheint es zunächst doch verwunderlich, diesen König
mit militärischen Orden und Auszeichnungen in Verbindung zu
bringen.
Aber ganz im Gegenteil: Der König konnte sich mit voller Hingabe
in die Ordensgemeinschaften, deren Traditionen zum Teil noch aus
dem Mittelalter stammen, hineinfühlen. War er sonst überaus
menschenscheu, in den ritterlichen Ritualen konnte er nicht nur
äußerlich prachtvoll aufgehen, sondern auch gedanklich
voll und ganz in die Szene eintauchen.
Zu König Ludwigs Zeiten gab es in Bayern die beiden Hausorden
vom Heiligen Hubertus und vom Heiligen Georg. Beide Orden trägt
er schon auf dem ersten offiziellen Gemälde von Ferdinand von
Piloty, das König Ludwig in Generalsuniform mit Krönungsmantel
zeigt (Abb. 2).
Für besondere Verdienste konnte man folgende Auszeichnungen
erhalten:
- Militär-Max-Joseph-Orden
- Verdienstorden des Heiligen Michael
- Verdienstorden der Bayerischen Krone
Der vorher für (militärische) Leistungen verliehene "Orden
vom Pfälzer Löwen" wurde bereits 1768 von Kurfürst
Carl Theodor von Bayern (einklassig) als erster Wittelsbacher Verdienstorden
gestiftet. 1808 wurde er anlässlich der Stiftung des Verdienstordens
der Bayerischen Krone aufgehoben.
König Ludwig II. von Bayern stiftete dann einen Orden, der
im Wesentlichen diesem Pfälzer Löwenorden nachempfunden
war: den Militär-Verdienstorden.
Der Anlass der Stiftung.
Im Sommer 1866 wurde der Deutsche Krieg (auch "Preußisch-Österreichischer
Krieg", "Deutsch-Deutscher Krieg", "Einigungskrieg"
oder "Bruderkrieg" genannt) ausgetragen; Preußen
kämpfte mit Österreich um die Vorherrschaft im Deutschen
Bund. Auf Preußens Seite waren neben Italien noch Oldenburg,
Mecklenburg, Braunschweig sowie einige thüringische Kleinstaaten
als Verbündete. Auf Österreichs Seite - bzw. formal der
des Deutschen Bundes - standen Sachsen, Baden, Württemberg,
Hannover, Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Nassau und ebenfalls einige
deutsche Kleinstaaten - sowie eben Bayern.
Der Krieg endete mit einem Sieg Preußens (und seiner Verbündeten)
über Österreich (und seine Verbündeten) und hatte
die Auflösung des Deutschen Bundes zur Folge. Preußen
übernahm damit von Österreich die politische Vormachtstellung
unter den deutschen Ländern und gründete den Norddeutschen
Bund. Einige Jahre später entstand die so genannte kleindeutsche
Lösung, d. h. ein deutscher Nationalstaat ohne Österreich.
Die
entscheidende Schlacht gegen Österreich gewannen schließlich
die vereinigten preußischen Armeen am 3. Juli 1866 bei Königgrätz
(Sadowa) in Böhmen unter der persönlichen Führung
König Wilhelms von Preußen sowie dem preußischen
Generalstabschef Helmuth Graf von Moltke, dem geistigen Vater des
gesamten preußischen Aufmarsches. Preußen war in dieser
Schlacht von Königgrätz (Abb. 3) Österreich nicht
nur zahlenmäßig (250.000 zu 160.000) überlegen,
sondern vor allem auch technisch durch die Zündnadelgewehre.
Auf einen toten Preußen sollen sieben tote Österreicher
gekommen sein.
Um einer französischen oder russischen Intervention zuvorzukommen,
drängte Bismarck den preußischen König dazu, den
Sieg nicht voll auszunutzen, sondern einen schnellen Frieden zu
schließen. Dies geschah am 26. Juli 1866 im durch den französischen
Kaiser Napoleon III. vermittelten "Vorfrieden von Nikolsburg",
nachdem Österreich in der Hauptsache (Austritt aus der gesamtdeutschen
Politik) nachgegeben hatte, zumal seine militärische Lage
aussichtslos war. Der Prager Frieden vom 23. August 1866 bestätigte
den Vorfrieden und beendete offiziell den Deutsch-Österreichischen
Krieg von 1866.
Königgrätz ist seitdem das Synonym für den
Erfolg der Bismarckschen kleindeutschen Lösung.
Der Deutsche Bund löste sich auf, der durch Preußen beherrschte
Norddeutsche Bund wurde gegründet. Nach französischen
Gebietsforderungen verbündeten sich die süddeutschen Staaten
mit Preußen in Defensivbündnissen - die Basis für
den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, der schließlich
zur Gründung des zweiten Deutschen Reiches führte.
Am 19. Juli 1866, also kurz vor dem Waffenstillstand, stiftete König
Ludwig II. von Bayern den Militär-Verdienstorden für besondere
Verdienste um die Armee ("tapfere Kriegstaten") in Krieg
und Frieden, die nach den Statuten anderer Orden (meist des Militär-Max-Joseph-Ordens)
nicht gewürdigt werden konnten. Großmeister des Ordens
war zu allen Zeiten der König selbst.
Ursprünglich wurde der Militär-Verdienstorden im Namen
des Königs sofort auf dem Schlachtfeld oder auch bald nach
der erfolgten "tapferen Tat" verliehen, solange die Armee
im Felde stand.
Der Bayerische Militär-Verdienstorden.
Dem abgestuften Auszeichnungssystem entsprechend gab es fünf
Klassen des Ordens:
1. Großkreuz
2. Großkomture
3. Komture
4. Ritter (1. und 2. Klasse)
5. Militär-Verdienstkreuz
Mit dem Besitz des Ordens waren keine Ansprüche auf Unterhalt,
Adel oder sonstige Rechte verbunden. Allerdings konnte jeder Ordensritter
sein Wappen mit den Ordensinsignien umgeben.
Die Ordenszeichen.
1. Kleinod:
Das
goldene Kreuz des Kleinods hatte die Form eines Malteserkreuzes
mit vier blau emaillierten, gezackten Armen, zwischen denen sich
stilisierte Flammen fanden.
In der Mitte trug es ein schwarzes Medaillon mit einem gekrönten
L-Monogramm, erhaben auf schwarzem Grund. Ein weißer Reif,
der einen Gürtel mit Schnalle (die Schnalle scheint dem Vorbild
des englischen Hosenbandordens entnommen) stilisiert, wies auf der
Vorderseite die Beschriftung "Merenti" (lat., Verdienst),
auf. Die Inschriften, Initiale (Vorderseite), Verzierungen, Borde
und Flammen waren golden.
Auf der Rückseite fand sich in der Mitte des sonst gleichen
Medaillons erhaben ein aufrecht stehender bayerischer Löwe,
auf dem Reif die Jahreszahl des Stiftungsjahres "1866";
beides golden. Als Anhängeglied dienten symmetrische Ranken
mit rundem Ring.
2. Band:
Das weißseidene Band des Ordens, gerahmt mit zwei himmelblauen
Seitenstreifen wurde von der rechten Schulter zur linken Hüfte
getragen.
3. Stern:
Der
Stern war silbern, mit dem hier silbernen goldbordierten Ordenskreuz
und gleichem Medaillon wie beim Kleinod. Die Großkreuze und
die etwas kleineren Großkomturkreuze wurden am Halse auf der
Brust hängend und - etwas kleiner - auf der linken Brust getragen.
Die Ehrenzeichen für die Komture waren wie bei den Großkomturen,
aber ohne Stern.
Das Ritterkreuz war noch kleiner und wurde an einem schmalen Band
ebenfalls links an der Brust getragen. Das Ritterkreuz 2. Klasse
hatte keine Flammen in den Lücken des Kreuzes.
Die Orden der fünften Klasse schließlich wurden an demselben
Band wie bei der ersten Ritterklasse getragen, allerdings war das
Verdienstkreuz selbst aus Silber.
(Die gekreuzten römischen Schwerter stiftete Prinzregent Luitpold
erst 1891, um zwischen Kriegs- und Friedensauszeichnungen unterscheiden
zu können. Weitere Reformen mit Erweiterung der Ordensklassen
wurden 1900, 1905, 1913 und 1916 erlassen.)
Dem Geschmack des Stifters, König Ludwig II., entsprechend,
waren eindeutig Elemente des Barock (Löwe, Monogramm, Anhängeglied)
im Orden zu finden. König Ludwig II. ist durch seine schöngeistige
Liebe zur Kunst und Musik und durch seine Schlösser in die
Geschichte eingegangen - und eben nicht als Feldherr.
Den Militär-Verdienstorden hat er recht zahlreich vergeben,
aber niemals selbst getragen.
Berlin, 28. April 2005
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