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Buchbesprechung

Meredith Hooper (aus dem Englischen: Nicola T. Stuart)
und Stephen Biesty (Illustrationen)
"Burgen"
Gerstenberg-Verlag, Hildesheim 2004
ISBN 3-8067-5052-1
Preis: 14,90 Euro

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Nach dem Kindersachbuch „Die Jagd nach dem Gold“ von 2002 – eine Reise durch die Geschichte des Goldes – hat das Autorenpaar im August 2004 einen weiteren kleinen Schatz im Gerstenberg-Verlag zu Papier gebracht.

Zehn gänzlich verschiedene Burgen, die alle heute noch zu besichtigen sind, werden auf jeweils vier Seiten vorgestellt: eine Doppelseite (hoch- oder querformatig) stellt jeweils eine Burg dar, die nächsten beiden Seiten beschreiben eine nette Geschichte dazu, die wiederum mit kleinen Zeichnungen versehen ist. Die Menschen in diesen Geschichten und die Ereignisse hat es wie die Burg ebenfalls wirklich gegeben.

Meredith Hooper hat die reizvollen und informativen Texte geschrieben; sie ist aufgewachsen in Australien, studierte Geschichte in Oxford und hat schon zahlreiche Kinderbücher in England veröffentlicht.

Das wirklich Besondere an diesem Buch sind aber die dreidimensionalen Zeichnungen von Stephen Biesty. 1961 geboren, gab er seine Karriere als Ingenieur auf, um Kunst und Grafikdesign zu studieren. Seit 1980 arbeitet er als Texter, Lektor und Fotograf. Mit seinen Zeichnungen geht er in jeden Winkel – vom tiefsten Verlies bis zur höchsten Zinne.

So finden wir in den Geschichten kleine Kästchen mit Nummern, die auf das große Bild verweisen. Man kann dadurch den entsprechenden Standort der Handlung in der großen Zeichnung rasch finden. Dadurch ergibt sich eine schöne Möglichkeit, entweder für den jungen Leser selbst oder aber für den erwachsenen Mit-Leser, interaktiv durch das Buch (und die Burgen) zu schlendern.

Das Buch ist nicht nur für Kinder! Es bietet – neben der spannenden Handlung zahlreiche Informationen über das Leben in den Burgen.

So werden historische Hintergründe kindgerecht vermittelt und gleichzeitig wird das räumliche Vorstellungsvermögen geschult.

Es finden sich neben vier englischen Burgen (Caernarvon, Windsor, Bodiam Castle, der Tower von London), zwei französische (Gaillard, Chambord) noch die Burg von Osaka (Japan) und die Krak des Chevalier (Syrien) sowie die Engelsburg (Italien). Den Abschluss bildet Schloss Neuschwanstein, das traumhafte Märchenschloss König Ludwig II. von Bayern.

Das Schloss ist so liebevoll und detailgetreu gezeichnet, dass selbst Neuschwanstein-Kennern neue Einblicke gewährt werden. Hier wäre tatsächlich noch die Gelegenheit gewesen, den – von Ludwig zwar geplanten, aber nicht mehr fertig gestellten – Bergfried hineinzuzeichnen. Erst damit wäre der Eindruck des prächtigen Schlosses wahrhaft geworden. Im Text heißt es schließlich: „Ludwig weiß genau, wie sein Schloss dereinst aussehen wird. Und genauso sieht er es jetzt vor sich im Mondlicht“.

Die Burgen werden alle auseinander genommen – in Neuschwanstein kann man sogar die Kuppel des Thronsaals wunderbar erkennen. So ergibt sich aber leider doch ein kleiner Nachteil, dass nämlich keine wirklich „geschlossene“ Ansicht der Burgen geliefert wird.

Im Anhang finden sich noch sehr schöne, leicht verständliche Worterklärungen der im Text verwendeten Fachbegriffe sowie ein Register der Personen und Orte.

Der Zeichner beweist wirklich zeichnerisches Feingefühl, ist doch der außergewöhnliche Illustrationsstil schon so etwas wie sein Markenzeichen geworden. Seine Bücher bilden eine ganz neue Art von Sachbüchern; so hat er bereits mit der ihm eigenen Akribie bei anderen Themen bewiesen, technische Zusammenhänge graphisch verständlich darzustellen: „Das Superbuch der technischen Wunderwerke“, „Rom“, „Das Schiff“, „Das sensationelle Innenleben der Dinge“ oder „Die fantastische Reise durch den Körper“.

Das Buch „Burgen“ ist für Kinder ab fünf Jahre geeignet, aber Dank der lebendigen Darstellung von Geschichte auch in der Lage, Große zu begeistern; die Geschichte wird lebendig. Die heiteren Geschichten bilden die erzählerische Klammer und so gewinnen wir herrliche Einblicke in den historischen Alltag – vom Beginn der Bauarbeiten, dem Reinigen der ritterlichen Toiletten über rauschende Feste mit köstlichen Fasanenspießen und Pasteten bis zur Belagerung und den verwendeten Waffen und zum heldenhaften Kampf der edlen Ritter.

Für ältere Kinder bestimmt auch gut als Einstieg, um die gewonnenen Kenntnisse in dem bald im Kino gezeigten Film von Ridley Scott über die Kreuzzüge „Königreich der Himmel“ zu kombinieren.

Berlin, 04.04.2005


ludwig-zwo@michaelfuchs.de

 

© Michael Fuchs   |  nach oben

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